Anlage 1
Deutscher Wetterdienst, Abtlg. Hydrometeorologie

Analyse der hydrometeorologischen Verhältnisse in Bezug auf das Auftreten von Starkniederschlag am Pfingstwochenende 2007 und an weiteren Tagen des Jahres 2007 im Raum Brielow

Zielstellung

Gemäß Vorgabe des Auftraggebers ist hydrometeorologisch zu begutachten, mit welcher Häufigkeit im Raum Brielow die während des Starkniederschlagsereignisses zu Pfingsten 2007 aufgetretene Niederschlagshöhe im Mittel erreicht oder überschritten wird. Da es auch an weiteren Tagen im Jahre 2007 zu Starkniederschlag kam, ist hydrometeorologisch zu analysieren, wie das niederschlagsreiche Jahr 2007 im Vergleich zum Normalwert und zu vieljährigen Mittelwerten einzuordnen ist.

Untersuchungsmethode

Die zu Pfingsten und an weiteren Tagen des Jahres 2007 im Raum Brielow aufgetretenen Werte der Niederschlagshöhe, wie sie an Stationen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) und anderen Messstellen erfasst worden sind, werden mit den für diesen Standort extremwertstatistisch ermittelten KOSTRA-DWD-2000-Starkniederschlagshöhen verglichen.

Die für unterschiedliche Anwendungen definierten Starkniederschlagsereignisse können sowohl Niederschläge kurzer Dauer und hoher Intensität als auch mehrere Stunden oder Tage anhaltende Niederschläge mit großen Niederschlagshöhen sein. Eine Auswertung von Starkniederschlagsereignissen ist demnach eine statistische Behandlung von Extremwerten. Um solche Unterlagen zur Verfügung stellen zu können, ist eine planmäßige und detaillierte Auswertung von Niederschlagsregistrierungen erforderlich.

Die Datenbasis für die Berechnung und Regionalisierung von Starkniederschlagshöhen längerer Dauerstufen (D = 24 h bis D = 72 h) besteht aus den täglichen Niederschlagshöhen auf Rasterbasis (1 km x 1 km), die beim Deutschen Wetterdienst rückwirkend seit 1951 mittels des Verfahrens REGNIE (REGionalisierung von NIEderschlagshöhen) für den Zeitraum 1951 - 2000 nachberechnet wurden. In die Berechnung der räumlichen Verteilungen der Niederschlagshöhen gehen nach diesem Verfahren immer alle für den konkreten Termin verfügbaren Informationen von rund 4.500 Stationen ein. Dies bedeutet, dass zwar die Anzahl der verwendeten Messwerte von Monat zu Monat bzw. von Jahr zu Jahr variieren kann, sich aber der Informationsgehalt insgesamt deutlich erhöht. Die so erzeugte räumliche Auflösung der Starkniederschlagshöhen entspricht dem REGNIE-Raster mit rund 350.000 Rasterfeldern. Aufgrund dieser hohen Auflösung ist eine eigenständige Regionalisierung der räumlichen Verteilungen der Starkniederschlagshöhen nicht mehr erforderlich. Um die Kontinuität bei der Anwendung aufrechtzuerhalten, werden die Ergebnisse der neuen Auswertungen vom REGNIE-Raster auf das gewohnte KOSTRA-Raster mit rund 5.350 Rasterfeldern übertragen.

Für die Bearbeitung der kurzen Dauerstufen steht das Stationskollektiv aus ca. 200 Niederschlagsstationen für den Zeitraum 1951 - 1980 zur Verfügung. Von einer ganzen Reihe dieser über Deutschland verteilten Stationen sind die Niederschlagsregistrierungen bis ins Jahr 2000 digitalisiert bzw. durch Werte von automatischen Niederschlagsaufzeichnungen ergänzt worden, so dass für diese Stationen 50-jährige Reihen zur Verfügung stehen. Detail-lierte Untersuchungen dieser Reihen haben ergeben, dass im Schauerbereich keine Änderung im Niederschlagsverhalten erkennbar ist. Das heißt, ein Trend hin zu stärkeren Kurzzeitniederschlägen ist nicht vorhanden. Daher können die Starkniederschlagsergebnisse im Schauerbereich aus dem KOSTRA-Atlas 1997 in die neue Auswertung übernommen werden. Sie gelten in dieser Form auch für den Zeitraum 1951 - 2000.

Als Fazit zahlreicher Detailuntersuchungen hat sich weiterhin ergeben, dass der bisherige Berechnungsansatz die tatsächlichen Zusammenhänge bei den 5- und 10 Minutenwerten nicht optimal widerspiegelt, da er sehr hohe Werte liefert, die insbesondere aufgrund der Erfahrungen beim Einsatz in Modellregen als zu hoch angesehen werden. Eine Anpassung des Verfahrens führt nun zu niedrigeren und damit realistischeren Werten bei den 5- und 10-minütigen Niederschlagshöhen.

Die Starkniederschlagsauswertungen liegen sowohl für das ganze Jahr von Januar bis Dezember vor als auch für das Sommerhalbjahr (Mai - September) und das Winterhalbjahr (Oktober - April). Die Ergebnisse (KOSTRA-DWD-2000-Starkniederschlagshöhen hN(D;T) in Abhängigkeit von der Dauerstufe D und der Jährlichkeit T) sind hierbei als Rasterdarstellungen mit einer Auflösung von etwa 8,5 km x 8,5 km pro Rasterfeld erfasst.

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Ergebnisse in 4.2.2 Witterung

Im Folgenden wird die synoptische Situation dieser Starkniederschlagsepisoden beschrieben:

26.05.bis 29.05.2007
Auf der Vorderseite des mit seinem Kern bis zu den Britischen Inseln ausgedehnten Höhentroges wurde am 26.05.2007 unverändert sehr warme Luft in die Mitte Europas gelenkt. Deutschland lag dabei im Übergangsbereich zwischen arktischer Meeresluft im Nordwesten und subtropischer Luft im Osten und Süden. Dabei kam es an zwei Luftmassengrenzen immer wieder verbreitet zu ergiebigen Niederschlägen, die mit zum Teil unwetterartigen Gewittern einhergingen. Die kühle Luft aus dem Nordwesten drang nur langsam weiter in das Landesinnere vor. In der Nacht vom 26.05. zum 27.05.2007 gab es in ganz Deutschland wiederholt einzelne Schauer oder Gewitter. Ab dem Vormittag des 27.05.2007 konzentrierte sich die Niederschlagstätigkeit auf zwei Streifen. Eines der Niederschlagsfelder entwickelte sich gegen Mittag über dem Erzgebirge und zog unter Verstärkung nach Norden, wo es auch im Berlin-Brandenburger Raum am frühen Nachmittag verbreitet zu Gewittern kam. In den späten Abendstunden des 27.05.2007 zog von Westen her eine Kaltfront heran und brachte erneut Schauer und Gewitter westlich von Berlin. Im Zusammenhang mit der großräumigen Bewegung des ausgeprägten Höhentiefs entwickelten sich am 28.05.2007 in vielen Regionen Deutschlands Niederschlagsfelder. Viel Regen fiel im Bereich zweier Gewitterzonen, die sich am Nachmittag und in der Nacht zum 29.05.2007 wenig nördlich von Berlin verstärkten. Während in Berlin Regenmengen zwischen 15,4 l/m² (Gatow) und 30,2 l/m² (Flughafen Schönefeld) gemessen wurden, gab es in Neuruppin-Gühlen 61,2 l/m² und in Wittstock 45,1 l/m². Am Mittag des 29.05.2007 lag ein kräftiges Bodentief an einer scharf ausgeprägten Luftmassengrenze mit seinem Zentrum über dem Fläming. Es führte an seiner Ostflanke nochmals subtropische Warmluft nach Brandenburg und ins östliche Mecklenburg-Vorpommern. Gleichzeitig gelangte aber an der Westflanke des Tiefs bodennah von Nord-westen sehr kühle Meeresluft in den größten Teil Deutschlands. So kam es am 29.05.2007 im Raum Brielow, aber auch in anderen Teilen von Deutschland wieder zu unwetterartigen Wetterentwicklungen durch ergiebigen Dauerregen und starke Gewitter. Das langsam nordwärts ziehende Tief führte am Nachmittag des 29.05.2007 eine Kaltfront über Brandenburg nordwestwärts. Am Abend zog die Kaltfront zur Ostseeküste ab.

15.06.2007
Die am Mittag des 14.06.2007 etwa entlang der deutschen Küstenlinie verlaufende Kaltfront kam bis zum Abend zunächst nur wenig südwärts voran. An ihr verschärften sich jedoch die Temperaturgegensätze. In Südschweden wurden trotz längerem Sonnenschein in der sub-polaren Meeresluft nur um 17°C gemessen. Dagegen sind von Brandenburg nach Bayern und Baden-Württemberg in der subtropischen Luft wieder Höchstwerte von 25°C bis 30°C, örtlich auch 31°C erreicht worden. Innerhalb der subtropischen Luft wurden einerseits durch die Aufheizung der Luftmasse, andererseits durch zunehmende Hebung auf der Vorderseite des Tiefdruckwirbels QUINTUS im Tagesverlauf Gewitter ausgelöst, die sich zunehmend zu Clustern vereinten und in der Nacht zum 15.06.2007 - auch über Berlin und Brandenburg - nordostwärts zogen. Am 15.06.2007 betrug der Temperaturunterschied zwischen dem Nordwesten und dem Osten mehr als 15 K. Während im nördlichen Schleswig-Holstein die Höchstwerte nur bei 15°C lagen, stieg die Temperatur in Sachsen und im südlichen Brandenburg gebietsweise auf über 30°C. Im Grenzbereich dieser Warmluft subtropischen Ursprungs und der kühleren Meeresluft über dem westlichen Deutschland entstanden am Nachmittag des 15.06.2007 in Bayern verbreitet zum Teil recht heftige Gewitter, die sich im Laufe des Abends nach Norden ausbreiteten und während der zweiten Nachthälfte zum 16.06.2007 auch Brandenburg und Berlin erfassten.

21.06.2007
In der Nacht zum 21.06.2007 kam es in Verbindung mit der über Deutschland liegenden Kaltfrontokklusion zur Entwicklung von Schauern und Gewittern. Die Niederschlagsfelder breiteten sich allmählich nach Nordosten aus und erreichten mittags den Berliner Raum.

21./22.07.2007
Die am Vortag über Südwestdeutschland gelegene Kaltfront eines Nordseewirbels zog in Begleitung von Gewittern unterschiedlicher Intensität rasch weiter nach Osten bis Nordosten, während die Warmfront über Norddeutschland sich kaum verlagerte, so dass am 21.07.2007 eine gut ausgeprägte Okklusion über den küstennahen Gebieten lag. Die Gewitter entwickelten in der Nähe des Okklusionspunktes im Mittelgebirgsraum ihre größte Heftigkeit, wobei die Niederschlagsmengen infolge der hohen Verlagerungsgeschwindigkeit der Gewitter nicht allzu groß ausfielen. An der Grenze zu der heißen Luft über Südosteuropa und der deutlich kühleren Meeresluft über Westeuropa zog die frontale Welle des Tiefs ERDMANN von Oberitalien aus weiter nach Nordosten. Dabei entstanden zunächst über der Schweiz von Gewittern durchsetzte Niederschlagsgebiete, die sich unter Intensivierung nach Norden bis Nordosten ausbreiteten und in der ersten Nachthälfte vor allem Bayern und Thüringen gebiets-weise Unwetter mit Starkniederschlägen brachten. In Thüringen wurden örtlich fast 90 l/m² gemessen. In den Morgenstunden des 22.07.2007 erfassten die von Gewittern begleiteten Starkniederschläge Brandenburg, wobei vor allem die Westhälfte am stärksten betroffen war. In Wiesenburg am Fläming fielen innerhalb von 6 Stunden 64 l/m² und in Brandenburg an der Havel 60 l/m². In Wusterwitz wurden bis 8 Uhr MESZ 86,5 l/m² gemessen. Am Vormittag griff der starke Gewitterregen auf Mecklenburg-Vorpommern über, wobei in Kyritz innerhalb von 3 Stunden 43 l/m² Niederschlag fielen. Der kleinräumige, aber recht intensive Tiefdruckwirbel ERDMANN lag am Abend des 22.07.2007 bereits über der südlichen Ostsee. Die höchsten Regenmengen in Deutschland am 22.07.2007 wurden dabei vom Raum Prenzlau bis zur Insel Usedom gemessen.

20.08.2007
Das an der Ostflanke eines ausgeprägten Höhentroges entstandene Tief QUIRINUS zog von Norditalien über Südpolen und Sachsen hinweg nordwestwärts nach Norddeutschland. Da-mit gelangte schwülwarme Luft ins östliche Deutschland, wo gebietsweise auch erhebliche Regenmengen fielen. Mit dem Tief QUIRINUS war ein kompaktes Starkregengebiet mit eingelagerten Gewittern verbunden. In der zweiten Hälfte der Nacht zum 21.08.2007 erreichte dieses Regengebiet Deutschland von der Lausitz her, wobei vor allem in Brandenburg und Berlin auch kräftige Gewitter eingelagert waren. Großflächig fielen zwischen 10 und 35 Liter Regen. Am Vormittag des 21.08.2007 zog das Starkregengebiet dann nach Sachsen-Anhalt, wobei es dort und in anderen Teilen Deutschlands noch weiter wetterwirksam war.

Zusammenfassung

Im Raum Brielow folgte im Jahre 2007 auf den extrem niederschlagsarmen April ein extrem niederschlagsreicher Mai. Anschließend gab es weitere Starkniederschlagsepisoden der Dauerstufe D = 24 h mit beträchtlichen Niederschlägen (z. T. mit Intensitätsverstärkungen im Kurzzeitbereich, z. B. für D = 30 min), so dass das Jahr 2007 das bisher niederschlagreichste Jahr für den Raum Brielow ist.

Abbildung 31:
Starkregenverlauf am 29.05.2007 in Paulinenaue

Tabelle 20: Niederschlagsdaten Paulinenaue ab 15.3.2007 im Vergleich zum 30-jährigen Mittel

Tabelle 21: Bodendaten der Bohrprofile